Atemfundus

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Atmend den Bogen spannen

Von Matthias J. Ulrich

Seit dem Erscheinen von Eugen Herrigels Buch ‚ Zen in der Kunst des Bogenschießens‘ im Jahr 1948, assoziieren im Westen viele mit dem Bogenschießen nicht mehr eine alte Kriegskunst sondern eine meditative Übung. Das Spannen des Bogens reizt uns, etwas von dieser Transformation zu erfahren.

Herrigel übte fünf Jahre in Japan bei Meister Awa Kenzo, bevor dieser ihm sagte, nun schieße nicht ‚er‘ sondern ‚es‘. 
Am Anfang des Übens stand der Atem.
Die ersten Versuche Herrigels den Bogen zu spannen kommentierte der Meister: „Sie können es nicht, weil Sie nicht richtig atmen“ und  
 „mit der richtigen Atmung entdecken Sie den Ursprung geistiger Kraft. Je lockerer Sie sind, desto leichter fließt die Kraft.“ Er fing also an, sich unter Anleitung seines Meisters erst einmal im Atmen zu üben, mit leichtem Summen um die Atmung zu kontrollieren. Er bemühte sich gewissenhaft, den lockeren Atem auf das Bogenschießen zu übertragen. Es wollte nicht gelingen. Der Meister, der das bemerkte, sagte: „Das ist gerade der Fehler, dass Sie sich darum bemühen. Atmen Sie so, als hätten Sie nichts anderes zu tun.“
Nach langem Üben gelang es Herrigel dann tatsächlich einmal, sich unbekümmert in die Atmung fallen zu lassen. Er atmete nicht mehr, er wurde geatmet. Im Lauf der Zeit gelang es ihm immer öfter, bei völliger Lockerung den Bogen zu spannen und die Spannung zu halten. So verging das erste Übungsjahr (1)
Wer von uns zum ersten Mal einen Bogen in die Hand nimmt ist weder in einem Zen-Kloster in Japan noch

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Guten Abend, gute Nacht

von Dr. K.O. Kuppe

Manch einer wird sich noch aus seiner Kindheit eine Erinnerung bewahrt haben an die Melodie eines Wiegenliedes, das ihm seine Mutter zum Einschlafen vorgesungen hat. Viele werden allerdings Wiegenlieder nur noch im Musikunterricht der Schule kennen gelernt haben und diese vielleicht unter innerem Protest des jugendlichen Gemütes als veraltet und längst überholt mitgesungen haben.
Als Kinder und junge Menschen haben wir meist alle gut und fest geschlafen. Erst in späteren Lebensjahren spürt man, was Schlaflosigkeit bedeuten kann. Für den ganzen Tag ist es bedeutungsvoll, ob wir mit dem „richtigen Bein“ aufgestanden sind oder ob wir unausgeschlafen an unser Tagwerk gehen.

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Vegetative Fehlfunktion und Atmung

von Dr. med. Fritz Bretschneider

Unter vegetative Funktionen verstehen wir alle die Tätigkeiten menschlicher Organe, welche weitgehend unabhängig von Bewusstsein, Gefühl und Willen des einzelnen, also autonom, ohne jedwede äußere Einflussnahme, ablaufen können. Meist entgehen sie völlig unserer Aufmerksamkeit und werden erst dann sinnlich wahrgenommen,  wenn Störungseinflüsse den regelrechten Ablauf der spezifischen Tätigkeiten beeinträchtigen. Beispielhaft seien genannt: Atmungsabläufe, Herzaktionen und die Magen-Darm-Tätigkeit.
Als Vermittler der entsprechenden Impulse gilt das vegetative Nervensystem. Es ist allgemein bekannt,

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Atem und Bewegung

von Dr. med. A. Stampa

Fast alle Bemühungen, Atmungsvorgänge zu erziehen und zu bessern, verbinden Bewegungsabläufe der Atmung mit Körperbewegungen. In der Regel werden willkürliche Körperbewegungen herangezogen, seltener unwillkürliche (wie bei Schlaffhorst-Andersen). Daraus ergibt sich das Bestreben, zu einer Übereinstimmung von Atem- und Körperbewegung anzuleiten. Bei diesem Bemühen stellen sich um so leichter Erfolge ein, je freier

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Verantwortung in der Therapie

von Prof. Dr. med. Peter Petersen
Vortrag in Lettland im Juli 2009

Ein einziges Wort

 Ein einziges Wort
kann wie fruchtbarer Regen niederfließen
auf die welkende Seele,
ein mitfühlendes Wort.

 Ein einziges Wort
kann wie ein Regenbogen sich spannen über den Weg
und leuchten über dem Staub,
ein einziges, erfreuendes Wort.

 Ein einziges Wort
vom höchsten Bergesgipfel her
kann niedersteigen zu der Seele,
ein erlösendes Wort.

 Ein einziges Wort
ist wie eine Treppe mit goldenem Halt
für unsichere Steiger,
ein ermutigendes Wort.

 Ein einziges Wort
kann dem Tage den Feierabend bringen,
kann jenen aufrichten, der fällt,
ein menschliches Wort.

1925 Aspazija (Elza Rozenberga) 1865-1943
lettische Dichterin
(aus. Riga udeni – Riga im Wasser
Lettische Lyrik, Tapalis 2004)

Mit diesem Gedicht der lettischen Lyrikerin Aspazija (1865 bis 1943) beginne ich. Ihre Worte berühren wesentliche Elemente von Verantwortung. Ver-Antwortung lebt von der Antwort, die ich meinem Partner gebe. Antwort wird getragen vom Wort. Über Wort und Antwort spreche ich später nochmals genauer.
Zunächst einige

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Befrage Deinen Atem

von Gabriele Erb, geb. 1946, verheiratet, lebt als Diplom-Psychologin, Atempädagogin,
Fachübersetzerin und Fachjournalistin in München.
Erstveröffentlichung: Psychologie Heute, November 1998

Die meisten Menschen atmen falsch. Zu flach und zu hastig holen sie Luft und stoßen sie wieder aus. Die Atmung erfüllt dann nicht ihre Aufgabe: Statt Lungen und Blutkreislauf mit Sauerstoff zu versorgen, wird nur verbrauchte Luft in den Atemwegen hin und hergeschoben. Das hat  Folgen für das körperliche und psychische Wohlbefinden.

Nehmen Sie sich einige Minuten Zeit für folgende Fragen:

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Atemtherapie in den Wechseljahren

von Helga Segatz

„Mit 50 ist das Geburtstor endgültig verschlossen, und das andere tut sich auf“, sagte mir eine Patientin anlässlich ihres 55. Geburtstages. Gemeint hat sie damit, dass nun ein Abschnitt vorbei ist und ein neuer beginnt. Eine gute Zeit, Bilanz zu machen, den eigenen Standpunkt und die bislang getroffenen Entscheidungen zu prüfen. 
Bis zum 30. Lebensjahr stellen wir uns für unser Leben auf: Schulabschluss, Lehre, Studium, Beruf, möglicherweise ist auch schon ein Partner fürs Leben gefunden, mit dem man bereits Kinder hat oder haben möchte. Im Hebräischen ist das Wort für Tisch schulchan aus dem Wort sch-l-ch gebildet, welches „schicken“ bedeutet. Nach der Thora schickt uns der Himmel am „Tisch des Lebens“ die Nahrung. Diese Nahrung, das uns Zugeschickte, ist unser Geschick, unser Schicksal. Es wird in kleine Brocken von Zeiteinheiten aufgeteilt, die uns nun in Form von Begegnungen mit Menschen, Gedanken, Büchern „geschickt“ werden und uns zu der Persönlichkeit formen, der wir mit 50 Jahren im Spiegel begegnen.

Mit 50 öffnet sich ein neues Tor, aber man nimmt es nicht immer wahr.

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Spiel mit dem Atem – schöpferisches Handeln

von Claudia Juretzko-Schroll

 „Nur im Spiel ist der Mensch ganz Mensch.“ 
 Friedrich Schiller

Aufgrund meiner Arbeit mit Kindern hat mich das Thema der AFA-Tagung 2001 ‘Atem-Kunst – Schöpfen aus dem Moment’ bewogen, einige Gedanken zum kindlichen Spiel und seiner Verbindung zum Atem niederzuschreiben. Spiel und Atem sind für mich gleichermaßen Mittler zwischen Innen- und Außenwelt und scheinen ähnlichen Gesetzmäßigkeiten zu unterliegen. Beide haben ihren Ursprung im Augenblick, werden aus dem Moment heraus kreiert. Das “Sein” im zeitlosen Raum ist das Geschenk von Atem und Spiel, wenn es uns und den Kindern gelingt, ganz einzutauchen.
Atemkraft und spielerische Ausdruckskraft wachsen uns im Laufe unseres Lebens jeden Augenblick neu zu oder werden durch äußere Faktoren eingeengt und behindert; sowohl das Spiel als auch der Atem sind leicht störbar.
Zu erforschen, inwieweit Spiel und Atem sich gegenseitig

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Atemtherapie bei Herzerkrankungen

Im Lancet, einer der besten medizinischen Fachzeitschriften weltweit (Vol 351, May 2, 1998, S. 1308 – 1311) wurde eine Studie veröffentlicht, die sich mit der Atmung von Herzkranken beschäftigt.

Dabei standen zwei Fragen im Mittelpunkt der Erforschung:
1. Was für eine Atmung haben Menschen, die unter Herzschwäche leiden?
2. Können Herzkranke ihre Atmung trainieren um zu einer besseren Sauerstoffversorgung zu kommen?

Es wurden 50 Patienten mit chronischer Herzschwäche untersucht. Alle Patienten waren Nichtraucher, nicht lungenkrank, in einer stabilen Situation und erhielten Standartmedikamente für ihre Herzerkrankung. Zur Kontrolle wurden 11 Gesunde untersucht. Bei allen wurde gleichzeitig ein EKG, Lungenvolumen, Blutdruck und Sauerstoffsättigung des Blutes gemessen. Es wurde festgestellt, das alle Herzkranken unregelmäßig atmeten. Um gegen das Gefühl von Atemnot anzugehen, veränderten sie unbewusst ihren Atemrhythmus: sie atmeten schneller und variierten öfter

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Nicht nur Bären machen einen Winterschlaf

Erlebnisse beim Atemkurs bei Edeltraud Koch, Berlin
von I. Müller

„Wenn Sie diese spezielle Arbeit mit dem Atem noch nicht kennen gelernt haben, nehmen Sie doch mal an einer Atemstunde in der Gruppe teil. Diese Atemarbeit wendet sich nämlich an „den ganzen Menschen“ und lässt sich nur unvollkommen mit Worten beschreiben. Sie sollten die Wirkung dieser Arbeit selbst erfahren wenn Sie darüber berichten möchten.“
Diese telefonische Antwort bekam ich, als ich bei der Atempädagogin E. Koch um eine kurze Beschreibung einer Atemstunde bat. Ich hatte gerade nichts vor, also nahm ich die Gelegenheit beim Schopfe, in drei Tagen zu meinem ersten Atemkurs zu gehen.
Zusammen mit sieben plaudernden Damen – fast alle reiferen Alters – saß ich im großen Kreis und schnell wurde es still. Konzentriert wurden sanfte Übungen von den Füßen, über die Knie, zu den Hüften, dem Rumpf, die Arme und den Kopf angeboten. Nach den Übungen blieb immer genügend Zeit, um zu bemerken, wie die Atmung sich verändert hat. Frau Koch erinnerte uns daran, den Atem kommen und gehen zu lassen und das eigene Maß in der Übung zu finden. Eine volle Stunde wurden so unter der Anleitung der Atempädagogin Übungen ausgeführt. „Der Innenraum des Körpers wurde

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Schweigen

von Dieter Mittelsten Scheid, Dr.med., Psychotherapeut, Atemtherapeut
http://www.locpoci.com

Es ist still. Die Gegenwart ist da. Sie nimmt mich wahr; ich nehme sie wahr. Sie und ich verschmelzen miteinander. Es ist, was ist. Sein, Tun und Wahrnehmen werden eins. Die Natürlichkeit des Lebens spielt sich selbst. Das Licht mit seinen Reflektionen und Schatten, die tanzenden Bewegungen der Blätter und das Schwingen des hohen Halms im hörbaren Wind. Die von Wasserläufern erzeugten Wellenkreise breiten sich aus, und ihre Schatten laufen über den Grund.
Nicht zu reden bewirkt eine grundlegende Verwandlung, eine qualitative Veränderung im Gewahrsein und in der Achtsamkeit. Der Fokus verschiebt sich vom Verbalen zum Unmitttelbaren. Zu schweigen ist eine Einladung, alles in sich einzulassen, was nicht aus Worten besteht. Ein unbekanntes Land tut sich auf. Eine Wirklichkeit , die aus sich selbst wirklich ist, ohne eine definierbare Bedeutung zu haben.
Ankommen ist alles,

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